Die Philosophin, Autorin und Journalistin Svenja Fla\u00dfp\u00f6hler schreibt in ihrer Streitschrift „Die potente Frau“<\/a><\/span>:\u00a0„M\u00e4nner k\u00f6nnen nicht wissen, wie es ist, eine Vulva zu haben. […] Frauen wissen umgekehrt nicht, wie es sich anf\u00fchlt, einen Penis zu besitzen.“\u00a0<\/strong>Als ich darauf hinwies, wie problematisch ich diesen Satz finde, fielen die Reaktionen ganz unterschiedlich aus – dabei fiel mir auf, dass es neben Hass und Ablehnung bei vielen Menschen auch\u00a0viel Unverst\u00e4ndnis und Unwissen gibt. Deshalb m\u00f6chte ich die Chance nutzen, noch einmal zu erkl\u00e4ren, worin die Problematik liegt bei der Formulierung.<\/p>\n <\/p>\n Es gibt diesen immer h\u00e4ufiger auftauchenden Begriff Emp\u00f6rungskultur – und ich muss gestehen, ich habe h\u00e4ufig Angst genauso abgestempelt zu werden: „Ach ja, da emp\u00f6rt sich schon wieder jemand. Wie selbstgerecht und kleinlich!“ Mir ist es wichtig zu betonen, dass ich nicht mit dem Finger auf Svenja Fla\u00dfp\u00f6hler zeigen will, um sie zu besch\u00e4men. Ich m\u00f6chte auch nicht mit dem Finger auf all diejenigen zeigen, die das Problem mit diesem Satz nicht verstehen. Stattdessen m\u00f6chte ich versuchen, meine Position deutlich zu erkl\u00e4ren – und dabei vielleicht all diejenigen abzuholen, die f\u00fcr diese Form der Diskriminierung bisher noch nicht sensibilisiert waren.<\/p>\n In einem Artikel las ich k\u00fcrzlich von der „Spinat-zwischen-den-Z\u00e4hnen-Metapher“<\/span><\/a> – wenn euch jemand darauf hinweist, dass eine eurer Formulierungen rassistisch, misogyn oder transfeindlich ist, k\u00f6nnt ihr diesen Hinweis so annehmen, als w\u00fcrde euch gesagt werden, ihr h\u00e4ttet Spinat zwischen den Z\u00e4hnen. Statt w\u00fctend zu werden, statt zu diskutieren oder euch zu rechtfertigen, k\u00f6nnt ihr euch einfach f\u00fcr den Hinweis bedanken, euch einmal im Spiegel anschauen und den Spinat entfernen. Es geht nicht um Verbote und Vorschriften, es geht nicht darum, etwas pl\u00f6tzlich nicht mehr zu d\u00fcrfen. Sprache ist t\u00e4glichen Ver\u00e4nderungen unterworfen und ich glaube, dass wir alle versuchen sollten, offen f\u00fcr diese Ver\u00e4nderungen zu sein – und daf\u00fcr, voneinander zu lernen.<\/p>\n <\/p>\n Svenja Fla\u00dfp\u00f6hler schreibt :\u00a0„M\u00e4nner k\u00f6nnen nicht wissen, wie es ist, eine Vulva zu haben. […] Frauen wissen umgekehrt nicht, wie es sich anf\u00fchlt, einen Penis zu besitzen.“\u00a0<\/strong>Das Problematische an diesem Satz ist, dass er die Identit\u00e4t von trans Menschen ausschlie\u00dft und Geschlecht zu etwas biologistischen und bin\u00e4ren macht. Es gibt M\u00e4nner, die wissen, wie es ist, eine Vulva zu haben. Und genauso gibt es Frauen, die ganz genau wissen, wie es sich anf\u00fchlt einen Penis zu haben. Eine alternative Formulierung w\u00e4re zum Beispiel: „Menschen ohne Vulva k\u00f6nnen nicht wissen, wie es ist eine Vulva zu haben.“ Als ich auf Twitter auf die Problematik dieser Textstelle hinwies, betonte der Ullstein Verlag<\/a> –<\/span> der das Buch herausgegeben hat – dass der Text als Gespr\u00e4chs- und Diskussionsangebot verstanden werden soll. Seitdem frage ich mich, wor\u00fcber hier diskutiert werden soll? Dar\u00fcber, dass trans Menschen ihre Identit\u00e4t abgesprochen wird? Dar\u00fcber, dass von Svenja Fla\u00dfp\u00f6hler Menschen auf ihr biologisches Geschlecht reduziert werden?<\/p>\n Ohne es wirklich zu merken, best\u00e4tigt der Verlag mit seiner Art dar\u00fcber auf den sozialen Kan\u00e4len zu kommunizieren, die Menschen, die glauben, trans Personen seien\u00a0albern, verwirrt\u00a0<\/strong>oder\u00a0geisteskrank –\u00a0<\/strong>und positioniert sich nicht dazu. Es geht hier nicht um verletzte Gef\u00fchle. Wenn ein renommierter deutscher Verlag heutzutage kein Bewusstsein daf\u00fcr hat, was an den Formulierungen der eigenen Autorin problematisch ist, dann macht mich das traurig. Und ich finde es mehr als bedenklich.<\/p>\n <\/p>\n Auf die Frage, ob ein trans Mann ein Mann ist, gibt es drei m\u00f6gliche Antworten:<\/p>\n <\/p>\n Obwohl so viele von uns Science-Fiction-Filme schauen, Fantasy-Romane lesen oder sich von Serien wie\u00a0Stranger Things\u00a0<\/em>begeistern lassen k\u00f6nnen, scheint die eigene Vorstellungskraft Grenzen zu haben, wenn es darum geht, dass jemand ein Leben mit seinem gew\u00fcnschten oder seinem gef\u00fchlten Geschlecht lebt. Ich treffe immer wieder auf Menschen, die sagen: aber biologisch bist du doch noch eine Frau! Die Textstelle aus der Streifschrift von Svenja Fla\u00dfp\u00f6hler ist so problematisch, weil dort genau mit diesen Kategorien argumentiert wird. So lange du eine Vulva hast, bist du kein Mann – so lange du einen Penis hast, kannst du keine Frau sein,<\/p>\n In einem Kommentar schrieb jemand: „Ich darf also nicht mehr ‚M\u00e4nner‘ schreiben, wenn ich das Geschlecht meine, das man gemeinhin als M\u00e4nner bezeichnet.“ Ich glaube, dass das eine ganz nat\u00fcrliche Reaktion ist – Ver\u00e4nderungen und Umstellungen sind f\u00fcr viele Menschen schwer zuzulassen. Ganz viele haben es sich bequem gemacht, sich gem\u00fctlich hingesetzt und die Schuhe ausgezogen und pl\u00f6tzlich werden sie darum gebeten, doch noch einmal aufzustehen und den Platz zu wechseln. Viele reagieren dann so oder so \u00e4hnlich: Muss das sein? Was darf ich \u00fcberhaupt noch? Darf ich jetzt nicht mehr das Wort M\u00e4nner schreiben? Was kommt als n\u00e4chstes? Wo ist denn jetzt schon wieder das Problem? Wenn wir sensibler f\u00fcr Sprache und Formulierungen werden, wird niemandem etwas weggenommen.<\/p>\n Ich bin ein Mann, ich lebe als Mann. Ich m\u00f6chte daf\u00fcr k\u00e4mpfen, dass alle ihr Leben mit ihrem gew\u00fcnschten Geschlecht leben k\u00f6nnen, ohne auf K\u00f6rperteile reduziert zu werden, die sie nicht besitzen oder die sie noch besitzen. Und in ihrer Identit\u00e4t anerkannt werden.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":" Die Philosophin, Autorin und Journalistin Svenja Fla\u00dfp\u00f6hler schreibt in ihrer Streitschrift „Die potente Frau“:\u00a0„M\u00e4nner k\u00f6nnen nicht wissen, wie es ist, eine Vulva zu haben. 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